Die offizielle Chronik der AFbJ beginnt 1967. Im Sommer dieses Jahres zelteten Pfadfinder des Windberger Stammes der Deutschen Pfadfinder Sankt Georgs zwei Wochen mit behinderten Jungen im Sauerland.
Wenn man aber mit Peter Josef Schroeder, dem Leiter der ersten Aktionen und späteren Vorsitzenden und Geschäftsführer der AFbJ spricht, fiel der Startschuss ein Jahr früher. 1966 benötigten Eltern von Kindern mit spastischer Behinderung Hilfe bei der Entrümpelung und Renovierung der Villa Plum auf der Krefelder Straße in Mönchengladbach, die zum Domizil ihres Vereins werden sollte. Da wollten die Windberger Pfadfinder (Jeden Tag eine gute Tat!) mithelfen - und lernten zum ersten Mal Kinder mit Behinderung kennen. Damals sah man behinderte Menschen nur vereinzelt im Stadtbild, manchmal wussten Nachbarn nicht mal, wer sich nebenan versteckte. Beim Lagerfeuer kamen sich Pfadfinder und Behinderte näher, man lernte, zum Beispiel beim Essen, Hilfestellungen zu geben und verlor schnell jede gegenseitige Scheu. So war es nur noch ein kleiner Schritt, regelmäßige Treffen zu organisieren, Gruppen zu gründen und Wochenend- und Ferienfahrten zu unternehmen, die die AFbJ unter Peter J. Schroeder bald auch ins Ausland in die Schweiz, nach England, Persien und sogar Albanien führten - wo polizeiliche Kulturbanausen auf dem Flughafen einem der Betreuer die wunderschönen langen Haare stutzten.
Zuerst fanden die Gruppenstunden im Kirchenkeller der Pfarre Windberg, später auch in einer Wohnung an der Lindenstraße und schließlich, 1972, auf dem Gelände und im Verwaltungsgebäude der ehemaligen Textilfabrik Brandts an der Roermonder Straße statt.
Von Anfang war es das Ziel des schließlich 1970 ins Register eingetragenen Vereins, Kinder und Jugendliche mit und ohne Behinderung zusammenzubringen, damit sie in gemeinsamen Aktivitäten Verständnis füreinander entwickeln.
Es war ein buntes Leben damals an der Roermonder Straße. Immer mehr behinderte Menschen nutzten die Freizeitangebote, immer mehr nichtbehinderte Kinder und Jugendliche verbrachten ihre Freizeit dort. Zu den täglichen Gruppenstunden kamen Clubabende, Tagesfahrten - die Stadt Mönchengladbach stellte 1972 einen alten VW-Bus zur Verfügung - Stadtranderholungen, Betreuerschulungen und immer mehr Wochenend- und Ferienfahrten für inzwischen weit über hundert Teilnehmer.
Die Geschichte fast jedes Vereins durchläuft Zeitalter, die sich meistens durch Krisen voneinander scheiden. Nach zehn Jahren Hoch-Zeit, vergleichbar der Antike, folgten nach lange währendem Streit machtbewusster Leute (der wie das Hornberger Schießen ausging) ähnlich dem historischen Mittelalter Jahre des Niedergangs, die endlich, nach tiefgreifender Krise, 1993, auch zur Freude der Nachbarn, in eine neue Hoch-Zeit mündeten. Unter neuem Vorsitz und neuer Geschäftsführung wurden die finanziellen Dinge in Ordnung gebracht und das Verhältnis zu Nachbarn, Politik, Verwaltung und Verbänden dieser Stadt harmonisiert.
Es gab keine Rockkonzerte mehr, dafür immer mehr Spielflächen und -geräte an der Roermonder Straße, neben Sandkasten, Tischtennisplatte und vielem anderen die zweite in Nordrhein-Westfalen aufgestellte Rollstuhlfahrerschaukel - für viele Rollis die erste Gelegenheit, Schaukelgefühle zu erleben.
Im Haus und auf dem Gelände wird gekocht, gebastelt, gegrillt und gesungen, Sport-, Schwimm-, Musik-, Kegel- und viele andere Gruppen erleben Freizeit nach ihren Neigungen, fahren mit den engagierten Frewilligen (FSJ/BFD) des AFbJ-Fahrdienstes (6 Busse) und rund hundert ehrenamtlichen Betreuern hinaus in die Welt - ob das Ziel nun eine Pizzeria ist oder der deutsche Ostseestrand.
Und da auch Wohnen Freizeit ist und mit Aktivität gefüllt werden muss („Was machst du gerade?“ „Ich wohne.“ - geht nicht), entstand 2005 neben dem Jugendheim das AFbJ-Wohnhaus, das Menschen mit Behinderung ein Zuhause bietet und auch hier den Weg der Normalität des Andersseins ebnet.
Ziele waren und sind die sinnvolle und erlebnisreiche Freizeitgestaltung von Menschen mit Behinderung - schließlich besteht der größte Teil unseres Lebens aus Freizeit - und die Integration, die Teilhabe am Leben in unserer Gesellschaft.
Dieser Text erschien im Strüxke-Geflüster Nr. 18 / Januar 2010
1967 - 1972
Windberger Pfadfinder gründen eine Freizeitgruppe für körperbehinderte Jungen. Nach einem ersten Zeltlager unternehmen sie eine Ferienfahrt. Bereits zwei Jahre später werden Ferien in Bayern organisiert, in denen geistig und körperlich behinderte Kinder zusammen mit nichtbehinderten Kindern Urlaub machen.
Nach diesen Erlebnissen gründen die Pfadfinder 1970 den Verein Aktion "Freizeit behinderter Jugendlicher". Die Stadt Mönchengladbach stellt zwei Jahre später einen alten VW-Bus für einen eigenen Fahrdienst des neuen Vereins zur Verfügung.
1973 - 1978
Der junge Verein zieht in ein Nebengebäude der ehemaligen Brandts-Villa auf der Roermonder Straße 217 in Mönchengladbach ein. Die Angebote werden ausgeweitet:
Gruppenstunden, Clubabende, Wochenend- und Tagesfahrten, Betreuerschulungen, Stadtranderholungen, Ferienfreizeiten in Norddeutschland, in der Lüneburger Heide, im Münsterland, in der Schweiz und in Südfrankreich.
1979 - 1984
Die Öffentlichkeit wird durch publikumswirksame Aktionen wie Rockkonzerte auf die Arbeit des Vereins aufmerksam gemacht. Offene Angebote wie Disko, Spielstube und ein Café locken mehr und mehr Interessierte an.
Das Musik-Café als Sprungbrett für viele Nachwuchs-Bands der lokalen Musikszene wird 1984 eröffnet.
1985 - 1989
Der Verein ist inzwischen als offene Jugendeinrichtung in der Stadt Mönchengladbach offiziell anerkannt. 1987 errichtete er einen "Mobilen Sozialen Dienst" mit Zivildienstleistenden unter Leitung einer Sozialarbeiterin. Später wird der Verein auch in der "Individuellen Schwerstbehindertenbetreuung" tätig.
1990 - 1995
In Amern in der Gemeinde Schwalmtal wird eine Zweigstelle eröffnet, die auch als offene Jugendeinrichtung anerkannt wird. Da diese Zweigstelle aber überhaupt nicht angenommen wird, zieht sich die AFbJ, inzwischen seit 1993 nach tiefgreifender Krise unter neuem Vorsitz und neuer Geschäftsführung, aus Amern zurück.
In Konzentration auf den Standort Roermonder Straße in Mönchengladbach wird das Außengelände umgestaltet: Ein Sandspielplatz wird errichtet, ebenso ein Tischtennisplatz, Schaukeln darunter auch eine Rollstuhlfahrer-Schaukel, eine Wippe, eine Rutschbahn, und vieles andere finden auf dem weiten Gelände der AFbJ Platz. An einer Feuerstelle im hinteren Teil des Geländes treffen sich immer wieder Teilnehmer zum Grillen und zum Singen. Der Parkplatz für die inzwischen sechs AFbJ-Busse wird durch eine große Hecke von der Spielfläche abgetrennt.
1996 - 2001
Die AFbJ errichtet einen Anbau von etwa 100qm mit Gruppen- und Werkräumen an das Hauptgebäude der AFbJ. Dieses helle, sowohl funktionelle als auch ansprechende Gebäude wird unter großer Anteilnahme von Mitgliedern, Politik und Verwaltung der Stadt Mönchengladbach eröffnet und gibt den inzwischen über 20 Gruppen im Jugendheim der AFbJ viel Freiraum zur Gestaltung ihrer Aktivitäten.
Hinter den neuen Gruppenräumen findet sich viel Platz zur Errichtung eines behindertengerechten Gartens.
2002 - 2006
Schon 1990 entwickelte sich in der AFbJ die Idee, den Wünschen vieler Eltern nachzukommen und ein eigenes Wohnhaus für AFbJler zu errichten. Nach fünf Jahren Planung gibt der erste Spatenstich endlich das Signal für den Bau. Ein Jahr später, zum 1. Juli 2005, ist das neue Haus bezugsfertig. 18 Bewohner leben hier in drei Wohngruppen miteinander.
Wie bei allen anderen Aktivitäten der AFbJ hat auch das Wohnhaus das Ziel, Menschen mit Behinderung in höchstmöglicher Selbstbestimmung und Harmonie am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu lassen.
2007 - 2012
Die AFbJ konnte endlich den dringend nötigen Austausch von mehreren Kleinbussen vornehmen und ergänzte den Fuhrpark entsprechnd mit neuen VW Craftern. Diese neue Generation von Kleinbussen bietet viel Platz und Komfort, was natürlich großen Anklang bei unseren Teilnehmern fand.
Die Büroräume der Verwaltung durften sich auch nach langer, langer Zeit über eine Renovierung und sogar neuen modernen Möbeln freuen. Die Mitarbeiter freuten sich natürlich mindestens genauso!
2013 - 2017
Das Wohnhaus bekommt sein erstes eigenes Fahrzeug: Einen VW Caddy! Diese Spende ermöglicht spontane Besorgungen, oder das Wahrnehmen von Arztterminen ohne vorher Rücksprache mit dem Jugendheim zu halten, zwecks Fahrzeugnutzung.
Später konnte sich das Wohnhaus noch über einen Kleinbus freuen, der – wie alle Kleinbusse der AFbJ – für einen Rollstuhlgerechten Transport umgebaut wurde. Diese Flexibilität erleichterte dem Wohnhaus, als auch dem Jugendheim, den Alltag ungemein.
Die AFbJ wurde 2017 stolze 50 Jahre! Ein halbes Jahrhundert die gefeiert werden wollten. Viele Besucher, Mitglieder und Freunde kamen zum Gratulieren, Feiern und Erinnerungen austauschen.
2018 - 2022
Die Schulbegleitung hat sich inzwischen zu einer nennenswerten Größe entwickelt (Stellenweise bis zu 42 Kräfte gleichzeitig im Einsatz) und ist an den Förderschulen, als auch bei den entsprechenden Ämtern eine geschätzte Institution geworden.
Der Spielplatz der AFbJ, welcher zu Recht als größter barrierefreier Spielplatz von NRW bezeichnet werden darf, feierte seine Eröffnung. Viel Planung, viel Stress, kleine Rückschläge, viele, viele Spenden und helfende Hände später konnte der Spielplatz – sehr zur Freude unzähliger Besucher – in Betrieb genommen werden.
Das Wohnhaus hatte eine große Rundum-Sanierung vor sich, was zur Folge hatte, dass unsere Bewohner etappenweise eine Woche Urlaub an der Ostsee machen durften, während alle(!) Zimmer ausgeräumt wurden. Entsprechend der Abwesenheit der jeweiligen Gruppe, wurden dann die Bewohnerzimmer, die Gemeinschaftsräume und auch die Vorratsräume, sowie die Büros frisch gestrichen, Elektrik neu verlegt und neue Böden gelegt.
Die Möbel der Bewohner wurden in einem riesen Festzelt auf unserem Gelände zwischengelagert und nach der Renovierung wieder an Ort und Stelle gebracht. Die Gemeinschaftsräume und Küchen wurden neu möbliert und auf einen neuen modernen Stand gebracht. – Eine Aktion die man selbst mitgemacht haben muss, damit man erkennt was und wieviel da geleistet wurde!
Corona hatte die Jahre 2020 und 2021 so fest im Griff, dass so mancher Mitarbeiter in der AFbJ nicht mehr wusste wo ihm der Kopf steht. Unzählige Auflagen, Regeln, Hinweise, Änderungen, neue Regeln, wieder Änderungen, usw…. Immer wieder musste das Jugendheim den Betrieb vorübergehend einstellen – stellenweise sogar über mehrere Monate! Aber allen haben ihr Bestes gegeben, damit wir unter Einhaltung aller Auflagen und Vorschriften wieder Gruppen stattfinden lassen durften. Später konnten wir sogar wieder die allseits beliebte Disco anbieten. – Corona hat vieles geändert.. aber Veränderung kann auch was Gutes sein! Es kommt immer darauf an, was man daraus macht.